In industriellen Wäschereien herrscht ein ähnliches Massengeschäft wie in Fabriken. Täglich werden dort bis zu 100 Tonnen Textilien gereinigt, und das fast vollautomatisch. Zu den letzten manuellen Arbeitsschritten gehört das Einlegen von Handtüchern oder Bettlaken in Wäsche-Faltautomaten. Hier setzt das Münchner Start-up Sewts mit seinem neuen Robotersystem VELUM an, das diese Aufgabe faltenfrei übernehmen kann.
"Das Marktpotenzial ist groß", erklärt Sewts-Mitgründer Till Rickert. Er schätzt, dass weltweit rund 25.000 Wäschereibetriebe von der Technologie profitieren könnten. Die ersten VELUM-Anlagen sind bereits installiert. Seit November 2022 arbeitet etwa der Kunde Greif Textile Mietsysteme im bayerischen Wolfratshausen mit VELUM.
Das Robotersystem bearbeitet durchschnittlich 500 bis 600 Textilien pro Stunde und automatisiert damit die bisher von Hand ausgeführte Aufgabe. Aktuell ist die Leistung des VELUM-Systems mit der eines menschlichen Bedieners vergleichbar. Mit kontinuierlichen Software-Updates wird der Funktionsumfang des Systems jedoch ständig erweitert und seine Effizienz verbessert. Je nach Arbeitsaufkommen rentiert sich die VELUM-Zelle laut Rickert nach eineinhalb bis zweieinhalb Jahren. "Eine anfängliche Herausforderung war der enge Bauraum, in dem sehr schnelle Bewegungen ausgeführt werden müssen", erklärt Rickert.
Sewts setzte bei der Entwicklung zwei Simulationswerkzeuge ein. Die Software FANUC ROBOGUIDE, um die Roboterbewegungen und den Platzbedarf zu analysieren, und eine leistungsstarke Materialsimulationssoftware, um das Verhalten verschiedener Arten von Textilien zu simulieren. Die in Wolfratshausen installierte Anlage verwendet zwei FANUC M-10iD Roboter mit einer Traglast von 12 kg und einer Reichweite von 1.400 mm. Das Herzstück des VELUM-Systems ist eine intelligente Software, die verformbare Materialien analysieren und deren Verhalten beim Greifen vorhersagen kann. In Kombination mit einem FANUC-Roboter und einem 3D-Kamerasystem erkennt die Software die Texturen, Nähte und Ecken einzelner Textilien, lokalisiert sie im Raum und erstellt Steuerungsbefehle, so dass der Roboter die Textilien in Echtzeit optimal greifen kann.
Sewts plant, die Anzahl und Leistung der VELUM-Systeme schrittweise zu erhöhen. Das Start-up arbeitet bereits an den nächsten Innovationen – Robotern mit Bildverarbeitungssystemen, die in Zukunft Textilrücksendungen für große Online-Händler bearbeiten sollen. Aufgrund des Arbeitskräftemangels werden solche Retouren oft in weit entfernten Ländern bearbeitet, was zu langen Transportwegen und der Abschreibung von Waren führt. "In Zukunft könnten solche Prozesse dank Automatisierung in der Nähe des Kunden stattfinden", hofft Rickert.